Gustav Adolf Pötz berichtet

Gott ist stärker als die schlimmste Krise – egal, was uns begegnet

 Alte und hochbetagte Menschen gelten in diesen Tagen als besonders gefährdet. Wir fragen eines unserer ältesten Gemeindemitglieder, Pastor i.R. Gustav Adolf Pötz, was ihn derzeit trägt. Als Bewohner eines Seniorenheimes musste er in den letzten Wochen auf Besuche seiner Lieben verzichten, wurde Zeuge mancher Not.

Hast du schon einmal eine ähnliche Situation erlebt wie jetzt?

 Im März 1945 hatte ich gerade den Abschluss an der Realschule in Kreuztal gemacht. Dann wenige Wochen später, im April, beschossen die Amerikaner unser Haus mit ihrer Artillerie. Der Hühnerstall flog weg und unser Dach wurde ziemlich zerstört. Abends hatten wir uns in unseren Keller verkrochen, da schlug eine Granate auch noch dort hinein. Sie steckte neben mir im Kellerboden, aber es war glücklicherweise ein Blindgänger. Von da ab mussten wir in einem Stollen leben – mit vielen anderen zusammen. Nach der Kapitulation zogen wir zwar wieder in unser kaputtes Haus, hatten aber weiterhin nicht für alle genug zu essen. Ich bin dann zu einem bekannten Bauern nach Lippe gegangen und fand dort Arbeit und Kost. Als ich 1946 zurückkam, waren immer noch nicht genügend Lebensmittel vorhanden. Ich wusste auch nicht, wo ich eine Ausbildung beginnen sollte. Die Situation war ähnlich unsicher wie heute. Doch immer wieder hat mich der Herr versorgt und geführt, und ich durfte ein langes und erfülltes Leben haben. Als Pastor und Evangelist war es mir ein tiefes Anliegen, dass Menschen durch ihn Hoffnung erfahren – egal, was ihnen im Leben begegnet.

Wie verliefen die Tage der absoluten Abschottung durch Corona?

 Seit März des Jahres durften keine Besucher mehr auf unser Gelände kommen. Viele Bewohner blieben allein auf ihren Zimmern und fühlten sich sehr einsam. In eine Kiste auf dem Parkplatz konnte man allerdings Päckchen mit dem Namen des jeweiligen Bewohners legen, für den die Sache gedacht war. Meine Kinder haben dies auch genutzt und ich konnte aus größerer Entfernung mit ihnen reden. Sonntags wurde ohne Zuhörer gepredigt, beim Essen hieß es Abstand halten. Ich nutze die Zeit, um Bücher zu schreiben und wo erlaubt, im Haus Besuche zu machen und mit zu beten.

Was schenkt Dir besonders Kraft in diesen Tagen?

Morgens habe ich eine Zeit stiller Besinnung. Kalenderblatt und Losungsbüchlein helfen mir dabei. Dann sprechen mich die Andachten nach dem Frühstück und auch sonntags die Predigt an, die in die Zimmer übertragen werden und die ich gerne höre. An Verwandte und Freunde schreibe ich Karten oder Briefe und bete für die Kranken, die mir nahestehen, sowie für die Gemeinden, mit denen ich mich verbunden weiß. Bis vor der Coronakrise habe ich auch gerne außerhalb Besuche gemacht und Dinge eingekauft, die ich hier vergeblich suche. Bei Besorgungen helfen mir jetzt meine Kinder. Telefonisch bin ich mit vielen verbunden.

Wie diese Zeit weitergeht, weiß ich nicht, aber es wird sicher alles anders sein als früher. Doch unser Herr bleibt derselbe und er redet mit uns und wir im Gebet mit ihm.

Wir wünschen allen unseren hochbetagten und alten Lesern und Gemeindemitgliedern Gottes besondere Nähe und seinen Schutz!